Liegst du als Selbstständiger unter bestimmten Umsatzgrenzen, darfst du die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen. Im Gegensatz zur Regelbesteuerung musst du hier keine Umsatzsteuer auf deinen Rechnungen ausweisen und an das Finanzamt abführen. Doch wann lohnt sich der freiwillige Verzicht auf die Vorteile des Kleinunternehmers sogar? Ist der Wechsel auch unterjährig möglich? Und wie ist der Ablauf dieses Wechsels? All das und mehr erfährst du in diesem Beitrag!
Inhaltsverzeichnis
» Ab wann ist der Wechsel zur Regelbesteuerung verpflichtend?
» Vom Kleinunternehmer zur Regelbesteuerung: Ablauf und Hinweise
» Wechsel zur Regelbesteuerung rückwirkend – Anleitung zum unterjährigen Wechsel
» Kann man gleichzeitig Unternehmer und Kleinunternehmer sein?
» Von der Regelbesteuerung zurück in die Kleinunternehmerregelung: Wichtige Fristen
» Regelbesteuerung versus Kleinunternehmer: Vor- und Nachteile
Ab wann ist der Wechsel zur Regelbesteuerung verpflichtend?
Die Abgrenzung, ob die Kleinunternehmerregelung in Anspruch genommen werden kann, erfolgt nach klaren Umsatzgrenzen. Alle Kleinunternehmer dürfen beide Grenzwerte nicht überschreiten. Andernfalls erfolgt spätestens mit Beginn des Folgejahres der Wechsel zur Regelbesteuerung.
Der Umsatz betrug im vorherigen Geschäftsjahr maximal 25.000 Euro.
Der Umsatz wird im aktuellen Geschäftsjahr voraussichtlich nicht mehr als 100.000 Euro betragen.
Die zweite Bedingung verlangt eine Prognoseentscheidung und ist daher oftmals nicht praxisrelevant. Sollte es tatsächlich zu einer unvorhersehbar starken Umsatzsteigerung über 100.000 Euro im aktuellen Geschäftsjahr kommen, kommt es ab diesem Moment zur Anwendung der Regelbesteuerung.
Beachte: Vor dem Jahr 2025 war ein unterjähriger Wechsel zur Regelbesteuerung aufgrund der Überschreitung der Umsatzgrenze von 100.000 Euro (damals noch 50.000 Euro) nicht möglich. Mit Einführung dieser neuen Umsatzgrenze im Jahr 2025 ist ein solcher Wechsel nun doch möglich bzw. sogar verpflichtend! Achte daher auf eine genaue Buchhaltung* und Dokumentation deiner Umsätze.
Kleinunternehmer ist nicht gleich Kleingewerbe. Zwar werden diese Begriffe häufig synonym verwendet, jedoch muss hier definitiv eine Unterscheidung vorgenommen werden.
Vom Kleinunternehmer zur Regelbesteuerung: Ablauf und Hinweise
Grundsätzlich kann der Wechsel auf die Regelbesteuerung auf zwei Arten erfolgen: Entweder überschreitest du eine der als Kleinunternehmer verpflichtenden Umsatzgrenzen oder du verzichtest freiwillig auf die Kleinunternehmerregelung.
Der freiwillige Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung
Niemand ist verpflichtet, die Kleinunternehmerregelung in Anspruch zu nehmen. Wer aber freiwillig darauf verzichtet, ist für 5 Jahre an diese Entscheidung gebunden. So lange ist kein Wechsel zurück von der Regelbesteuerung möglich. Die Entscheidung kann also für die kommenden 5 Jahre nicht rückgängig gemacht werden.
Der freiwillige Verzicht kann ganz einfach durch ein formloses Schreiben an das Finanzamt erklärt werden. Diese Verzichtserklärung solltest du rechtzeitig vor Ablauf des aktuellen Geschäftsjahres stellen.
Obwohl der „Start als Kleinunternehmer“ oftmals hoch angepriesen wird, sollte genau unterschieden werden, ob sich dies tatsächlich lohnt. Du hast hohe Anschaffungskosten, einen Großteil der Kunden im Ausland oder generell hauptsächlich Geschäftskunden? Nur mit der Regelbesteuerung hast du in diesen Fällen wesentliche Vorteile!
Verpflichtender Wechsel zur Regelbesteuerung: Überschreitung der Umsatzgrenze
Überschreitest du die Umsatzgrenzen von 25.000 Euro, erfolgt der Wechsel zur Regelbesteuerung im nächsten Jahr automatisch. Überschreitest du hingegen sogar die Grenze von 100.000 Euro Umsatz, so erfolgt der Wechsel zur Regelbesteuerung bereits ab diesem Zeitpunkt unterjährig, ebenfalls automatisch. In diesen Fällen ist ein Wechsel zwischen Kleinunternehmerregelung und Regelbesteuerung also auch ohne 5-Jahres-Bindung möglich. Das heißt: Liegt dein Umsatz im nachfolgenden Jahr wesentlich niedriger (< 25.000 Euro), könntest du aber wiederum im darauffolgenden Jahr erneut Kleinunternehmer sein. Eine zeitliche Bindung wie bei dem freiwilligen Verzicht existiert nicht.
Der Übergang zur Regelbesteuerung erfolgt hier automatisch. Und zwar ohne gesonderte Mitteilung durch das Finanzamt an dich! Behalte deine Finanzen daher genau im Blick. Hast du die Umsatzgrenze von 25.000 Euro im vergangenen Geschäftsjahr überschritten, unterliegst du ab dem 01.01. der Regelbesteuerung. Beträgt dein Umsatz sogar mehr als 100.000 Euro, gilt ab diesem Zeitpunkt die Regelbesteuerung.
Wechsel zur Regelbesteuerung rückwirkend – Anleitung zum unterjährigen Wechsel
Grundsätzlich ist der Übergang von der Kleinunternehmerregelung zur Regelbesteuerung ausschließlich zum Wechsel des jeweiligen Geschäftsjahres möglich. Doch was, wenn man erst zu spät bemerkt, dass die Regelbesteuerung doch sinnvoll gewesen wäre?
Ein solcher unterjähriger Wechsel kann tatsächlich möglich sein. Voraussetzung hierzu: Bis zur Abgabe der Umsatzsteuererklärung des vorherigen Geschäftsjahres hast du Zeit, diese Entscheidung zu treffen. Die Abgabefrist für die Jahresumsatzsteuererklärung ist grundsätzlich am 31.05. des jeweiligen Geschäfts-Folgejahres.
Hierbei solltest du beachten, dass du auf allen durch dich im Jahr des Wechsels zur Regelbesteuerung ausgestellten Rechnungen zusätzlich Umsatzsteuer ausweisen und diese abführen musst! Triffst du diese Entscheidung also erst unterjährig und hast du bereits Rechnungen ohne Umsatzsteuer ausgestellt, musst du diese nachträglich korrigieren. Hierbei solltest du zwei Fälle unterscheiden:
Rechnungen an Geschäftskunden
Hast du deine Rechnungen an umsatzsteuerpflichtige Geschäftskunden ausgestellt, kannst du diesen eine Korrektur der bisherigen Rechnung ausstellen. Die zusätzlich ausgewiesene Umsatzsteuer wird deinen Geschäftskunden nicht belasten, da dieser die Steuer wiederum im Rahmen des Vorsteuerabzugs vom Finanzamt zurückfordern kann – sofern er auch der Regelbesteuerung unterliegt.
Rechnungen an Privatkunden
Solltest du bereits Rechnungen an Privatpersonen ausgestellt haben, wird es nicht ganz so einfach. Diese werden voraussichtlich nicht damit einverstanden sein, wenn du ihnen nachträglich eine „nach oben korrigierte“ Rechnung mit zusätzlich ausgewiesener Umsatzsteuer ausstellst. Hier gehst du anders vor: Den ursprünglichen Rechnungsbetrag behältst du so bei. Hiervon führst du die der Umsatzsteuer entsprechende Summe an das Finanzamt ab. Für dich bleibt hierdurch weniger Gewinn, da nun der letztliche Nettobetrag geringer ausfällt. Überlege dir diese Entscheidung also gut.
Gut zu wissen: Nimmst du als Unternehmer Dienstleistungen bzw. Abos von anderen Unternehmen in Anspruch, ist auch hier eine Korrektur der bisherigen Rechnung erforderlich. Diese haben, solange du noch Kleinunternehmer gewesen bist, ihre Rechnungen nämlich an dich als Kleinunternehmer ausgestellt, d.h. ohne Umsatzsteuer. Hier müsste eine Korrektur vorgenommen werden, damit du am Ende auch den Vorsteuerabzug hieraus hast.
Kann man gleichzeitig Unternehmer und Kleinunternehmer sein?
Es ist erlaubt, beliebig vielen gewerblichen oder auch freiberuflichen Tätigkeiten nebeneinander nachzugehen. Wichtig ist hierbei, dass sich die Umsatzgrenze von 25.000 Euro für den Kleinunternehmer nach der Gesamtheit aller Einnahmen errechnet. Es ist nicht möglich, mehrere Kleinunternehmen zu betreiben, deren Umsätze in Summe die oben aufgeführte Grenze überschreiten würden.
Auch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung bei gleichzeitiger Anwendung der Regelbesteuerung in einer anderen selbstständigen Tätigkeit besteht nicht. Mehrere Unternehmen, die unter ein und derselben Person geführt sind, werden umsatzsteuerlich als eines gesehen. Es ist daher nicht möglich, mehrere Gewerbe nebeneinander mit unterschiedlicher Kleinunternehmer-Option zu führen.
Bist du hauptberuflich Angestellter, berührt der Verdienst hieraus nicht die für die Selbstständigkeit relevanten Umsatzgrenzen. Theoretisch darfst du eine beliebige Menge in deinem Angestelltenverhältnis verdienen und zugleich ein Kleinunternehmen führen.
Das ändert sich mit der Regelbesteuerung!
Sobald du der Regelbesteuerung unterliegst, wirst du auch umsatzsteuerpflichtig. Auf all deinen ausgestellten Rechnungen musst du diese nun ausweisen. Nachfolgend wirst du diese an das Finanzamt abführen. Darüber hinaus bist du nun zusätzlich zur Abgabe einer jährlichen Umsatzsteuererklärung verpflichtet. Diese muss mit Frist zum 31.05. des Folgejahres an das Finanzamt übermittelt werden. Zuletzt bist du auch zur Abgabe einer Umsatzsteuervoranmeldung verpflichtet. Hiermit teilst du dem Finanzamt monatlich, vierteljährlich oder jährlich die Menge der vereinnahmten Umsatzsteuer mit. Der Rhythmus der Abgabe dieser Erklärung richtet sich nach der Menge der eingenommenen Umsatzsteuer.
Die Begriffe Umsatzsteuer und Mehrwertsteuer sind synonym, sie bedeuten also dasselbe. Umgangssprachlich wird oft von Mehrwertsteuer gesprochen, obwohl dieser Begriff im UStG gar nicht erst auftaucht.
Von der Regelbesteuerung zurück in die Kleinunternehmerregelung: Wichtige Fristen
Ob du von der Regelbesteuerung zurück in die Kleinunternehmerregelung wechseln kannst, hängt davon ab, wie und wann der Wechsel zuvor stattgefunden hat.
Du hast in diesem Geschäftsjahr die Umsatzgrenze von 25.000 Euro überschritten? Im kommenden Jahr bist du automatisch kein Kleinunternehmer mehr. Liegst du im kommenden Jahr aber wiederum unter 25.000 Euro Umsatz, darfst im darauffolgenden Jahr wieder vollumfänglich Kleinunternehmer sein.
Anders sieht es aus, wenn du freiwillig durch eine Verzichtserklärung in die Regelbesteuerung gewechselt bist. Diese Entscheidung ist für 5 Jahre bindend. Erst nach Ablauf dieser Frist darfst du erneut einen Antrag zum Wechsel in die Kleinunternehmerregelung stellen. Dazu reicht eine formlose Mitteilung an das Finanzamt aus.
Regelbesteuerung versus Kleinunternehmer: Vor- und Nachteile
Für einige stellt sich zu Beginn gar nicht erst die Frage. Der Start als Kleinunternehmer gilt als selbstverständlich. Dabei hat diese Regelung für viele Unternehmer nicht nur Vorteile, sondern auch Nachteile!
Preisvorteil – Nur bei Privatkunden!
Du musst keine Umsatzsteuer auf deinen ausgestellten Rechnungen ausweisen. Es handelt sich um eine „Nettorechnung“. Hierdurch vereinnahmst du den vollständigen Betrag, wie er auf der Rechnung geschrieben steht. Bei gleichen Einnahmen für dich erscheint diese Rechnung aufgrund der fehlenden Steuer günstiger für den Kunden. Denn, möchtest du als ein der Regelbesteuerung unterliegender Unternehmer denselben Betrag nach Steuern (= Netto) einnehmen, müsstest du deine Rechnung der Höhe der Umsatzsteuer entsprechend teurer (= Brutto) ausstellen.
Dieser Unterschied mag aber nur beim Privatkunden einen Unterschied machen. Dieser wird selbstverständlich eher zur „günstigeren“ Rechnung greifen. Anders sieht es jedoch bei Geschäftskunden aus. Jeder der Regelbesteuerung unterliegende Geschäftskunde darf die selbst gezahlte Umsatzsteuer zu 100 % vom Finanzamt im Rahmen des Vorsteuerabzugs zurückfordern! Es macht für solche Kunden schlichtweg keinen Unterschied.
Und hier kommt noch ein weiterer Vorteil der Regelbesteuerung zum Vorschein. Von allen Ausgaben, welche du für deine Selbstständigkeit tätigst, kannst du die hiervon gezahlte Umsatzsteuer zurückfordern. D.h. konkret, du zahlst für Abos, Einrichtungsgegenstände, Laptops oder auch andere Geräte die Umsatzsteuer i.H.v. 19 % eben nicht!
Hast du also hauptsächlich Geschäftskunden oder planst du, viel in dein Business zu investieren? Dann wird die Regelbesteuerung in einigen Fällen sinnvoll sein. Solltest du allerdings wenige Betriebsausgaben haben und hingegen viele Privatkunden bedienen, macht die Kleinunternehmerregelung durchaus Sinn.
Verwaltungsaufwand – Achtung im Ausland!
Unterliegst du der Regelbesteuerung, musst du neben der monatlichen, quartalsweisen oder jährlichen Umsatzsteuervoranmeldung auch eine jährliche Umsatzsteuererklärung an das Finanzamt abgeben. Als Kleinunternehmer entfallen diese Pflichten hingegen.
Doch hier besteht ein wesentliches Problem! Nach dem Reverse-Charge-Verfahren wird die Umsatzsteuer bei grenzüberschreitenden Leistungen im B2B-Bereich in dem Land entrichtet, in dem die Leistung erbracht wird. Bestellst du (= Leistungsempfänger) also als Unternehmer Waren oder Dienstleistungen von einem Unternehmen mit ausländischen Sitz (= Leistungserbringer), zahlst du die Umsatzsteuer.
Unterliegst du der Regelbesteuerung ist das kein Problem: Die bezahlte Umsatzsteuer erhältst du im Rahmen des Vorsteuerabzugs vom Finanzamt zurück. ABER als Kleinunternehmer bist du nicht berechtigt, die Summe der Vorsteuer geltend zu machen. Gleichzeitig musst du aber dennoch die Umsatzsteuer aufgrund des Reverse-Charge-Verfahrens zahlen. Die Folge: Trotz Kleinunternehmerregelung bist du zur Abgabe einer Umsatzsteuervoranmeldung, einer Jahresumsatzsteuererklärung sowie zur Abführung der Umsatzsteuer an das Finanzamt verpflichtet.
Lohnt sich der vorzeitige Wechsel zur Regelbesteuerung?
Ob sich der Wechsel lohnt, hängt ganz davon ab, wie und mit wem du in deinem Business zusammenarbeitest. Deine Kunden sind überwiegend Privatpersonen? Dann kannst du auf deinen Rechnungen als Kleinunternehmer mit einem Preisvorteil punkten. Agierst jedoch vorwiegend mit Geschäftskunden, wirst du hiermit nicht punkten können und die Wahl dürfte auf die Regelbesteuerung fallen. Gleiches gilt, wenn du viele deiner Leistungen selbst von im Ausland ansässigen Unternehmen beziehst.
Solltest du mit hohen Anschaffungskosten rechnen, wirst du mit der Regelbesteuerung einen wesentlichen Vorteil haben: Nur so kannst du die gezahlte Umsatzsteuer sogar wieder vom Finanzamt zurückholen. Deine Anschaffungen fallen somit günstiger aus.
Beachten solltest du bei der Entscheidung des vorzeitigen Wechsels immer, dass du an diese Entscheidung für die kommenden 5 Jahre gebunden bist. Ist also eine Änderung deines Kundenstamms oder der laufenden Betriebskosten absehbar, solltest du dies stets in der Kalkulation beachten.
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